Schon seit Jahren habe ich mich danach gesehnt, einen ruhigen Ort im Grünen für mich zu haben. Fern vom Trubel und Lärm der Großstadt.
Landleben auf Probe
Natürlich habe ich auch darüber nachgedacht, ob ich es mir vorstellen könnte, aufs “Land” zu ziehen. Vor zwei Jahren haben wir das dann einfach mal für drei Wochen ausprobiert und uns in einem Ferienhäuschen einquartiert. Während ich jedoch 2x die Woche nach Berlin gefahren bin, ist mein Mann die ganze Zeit dort geblieben. Und für ihn war schon nach wenigen Tagen klar: Landleben ist auf Dauer nichts für ihn.
Mich hat vor allem das Zug-Problem gestört. Der Gedanke, immer auf nur stündlich fahrende Züge warten zu müssen, die dann vielleicht doch Verspätung haben, haben mir den Gedanken ans Landleben vermiest. Dauernd mit einem Auto fahren wollte ich aber auch nicht, denn dann wäre ich Teil des Problems geworden, das ich ja zu meiden suchte: Verkehr und Lärm.
An den Rand von Berlin zu ziehen, ist angesichts des Wohnungsmarktes auch keine leichte Option, Suche und Umzug wäre auch erst mal eine große Belastung.
Grüne Ruhe in allen Varianten
Also schauten wir uns im Umland Kleingärten und Wiesengrundstücke an. Ich durchstöberte Kleinanzeigen nach Datschen oder Wochenendhäusern, aber es gab nichts, was mich wirklich begeistert hätte. Und auch der Gedanke, immer „raus“ fahren zu müssen, widersprach meinem Bedürfnis nach Ruhe. Einen Kiezgarten hatte ich vor Jahren mir mal angeschaut, aber auch das war nicht das, was ich wollte, vor allem nicht, weil ich meine Hündin nicht dorthin mitnehmen konnte.
Campen oder sich in eine kleine Ferienwohnung einzuquartieren, war auch nicht so optimal, weil das immer langfristig geplant werden musste, da die schönen Angebote im Umland schnell ausgebucht sind.
Wandern war auch nicht die richtige Lösung für mich, weil es bedeutete, unterwegs zu sein. Auch wenn natürlich die Natur eine eindeutig ruhigere Atmosphäre bietet als meine Heimatstadt Berlin.
Über ein paar Jahre hinweg schwankte ich zwischen Engagement und Resignation, weil ich einfach nicht finden konnte, wonach ich mich sehnte. Ich wurde zunehmend mutlos. Mir schien es, als würde ich die eierlegende Wollmilchsau suchen, was niemals Erfolg haben wird.
Das Thema setzte mich immer mehr unter Stress, weil ich einfach keine Lösung fand. Ich war auf der Suche nach Ruhe und wurde innerlich immer unruhiger.
Wonach ich wirklich suchte
Im Gespräch mit meinem Mann wurde mir eines Tages klar: Solange ich in mir keine Ruhe habe, werde ich auch draußen keine Ruhe finden. Und so beschloss ich, die Idee nach einem ruhigen Ort im Umland loszulassen und die Ruhe in mir zu erforschen. Allein schon, dass ich dieses Suchen aufgegeben hatte, hat mich ruhiger gemacht. Zu akzeptieren, dass es gerade für meinen Mann, meine alte Hündin, die nicht mehr viel laufen kann, und mich keine optimale Lösung gibt, brachte mehr Frieden in mein Leben. Ich übte mich darin, dankbar zu sein für unsere helle, zentral gelegene Wohnung, den Kiez, der von vielen Wiesen und Bäumen geprägt ist. Ich nahm die Situation so an, wie sie war. Ich übte mich im Atmen, Meditieren und Nichtstun.
Die unerwartete Lösung
Im letzten November trudelte ein Newsletter vom buddhistischen Zentrum Lotos Vihara in meine Mailbox. Nur ein paar hundert Meter von meinem Zuhause entfernt, war ich schon viele Male beim Gassigehen daran vorbeigelaufen, hatte vor ein paar Jahren einmal einen Schreibkurs dort belegt, mich in den Newsletter eingetragen, mich aber nicht weiter dafür interessiert.
Dieses Zentrum suchte in seinem Newsletter Helfer*innen für den Garten. Ganz spontan antwortete ich und ging ein paar Tage später dorthin, um Laub zu harken. Ich war zutiefst berührt. Ich griff mit meinen nackten Händen in das feuchte, muffige Laub, das ich zusammengerecht hatte. Ich roch das Laub, hörte die Vögel zwitschern und fand Ruhe an einem Ort des Friedens mitten in der Stadt, nur ein paar Minuten Fußweg entfernt von mir.
Nach zwei Terminen war dann Winterruhe angesagt, aber seit April bin ich fast jede Woche dort. Ich kann diesen Ort des Friedens und der Ruhe tatkräftig unterstützen und mir selbst tut es auch gut, körperlich zu arbeiten. Ich darf sogar meine Hündin mitnehmen, die es auch genießt, im Gras zu liegen.
Und ich bin happy. Ich kann etwas Gutes tun, einen Ort des Friedens unterstützen, kann in der Erde wühlen, Gartenarbeit machen, sehe anschließend, was sich bewirkt habe. Ich habe keine alleinige Verantwortung für einen Garten, ich muss keine Pflichten erfüllen.
Meine Erkenntnis
Es war wichtig, zu suchen. Es war wichtig zu prüfen, ob meine Sehnsucht nach Ruhe mit dem, was mir wichtig und möglich ist, umsetzbar ist.
Manche würden vielleicht sagen, ich hätte nur sehr klar visualisieren müssen, was ich möchte, dann hätte ich es schon gefunden. Doch so funktioniert das Leben nicht immer.
Als ich tiefer schaute, worum es mir wirklich ging, also welche Qualität ich mir ersehnte, trat eine Veränderung ein. Ich fand die Ruhe mehr in mir. Dadurch konnte ich das Suchen und Sehnen loslassen.
Und wie das Leben manchmal so spielt, schenkte es mir eine Lösung, die ich mir nicht hatte vorstellen können.